BeratungEinkaufInterviewsNewsProfessional ServicesPeter Hagenow, Head of Strategic Group Procurement, KWS
Peter Hagenow über Erfolgsfaktoren im Indirekten Einkauf

Challenge Accepted – so lautet das Motto von Peter Hagenow. Er liebt die Herausforderung – beruflich wie auch privat. Als ambitionierter Hobby-Triathlet bringt der studierte Wirtschaftsingenieur alles mit, was es für einen gelungenen Zieleinlauf braucht: Agilität, Fleiß und den ungezähmten Willen, dem Gegenwind zu trotzen. Kein Wunder also, dass er seit mehr als 15 Jahren den Aufbau und die Umstrukturierung von Einkaufsabteilungen erfolgreich vorantreibt.

In seiner aktuellen Position als Leiter des globalen Zentraleinkaufs bei der KWS Group verantwortet er die unternehmensübergreifende Transformation hin zu einer zukunftsgerichteten Einkaufsorganisation. Dabei legt er besonderes Augenmerk auf Prozessoptimierung, Digitalisierung und Zusammenarbeit mit Startups.

Wodurch sich für ihn eine moderne Einkaufsorganisation auszeichnet, weshalb es nicht immer zielführend ist, mit den großen, namhaften Playern zu kooperieren und was eine Alpenüberquerung mit der Komplexität des Einkaufs von Professional Services zu tun hat, erklärt uns der Befürworter des best-of-breed-Ansatzes im Interview.

apadua: Ahoi Peter und herzlich Willkommen bei „Butter bei die Fische“. Bevor wir tief eintauchen, gehen wir ein paar Jahre zurück: Wer oder was war dein Held in der Kindheit?

Peter Hagenow: Neben Old Shatterhand, dem ewigen Vermittler zwischen den Kulturen, und Egon Olsen, der immer einen Plan hatte – zwar kein großer Stratege war, aber taktisch immer eine Antwort parat hatte –, war es wohl mein Vater, der mich in meinen Kindheits- und Jugendjahren am meisten beeinflusst und beeindruckt hat. Er hatte eine recht außergewöhnliche, u.a. militärische Karriere und hat früher sowohl Erprobungssprünge mit Fallschirmen absolviert als auch die Piloten in der Seenotrettung ausgebildet. Schon damals hat mich am Job meines Vaters alles Technische fasziniert. Außerdem – das wurde mir aber erst später bewusst – war er mit seinen Teams ein echter Organisations- und Beschaffungsexperte.

„Neben Old Shatterhand und Egon Olsen war es wohl mein Vater, der mich in meinen Kindheits- und Jugendjahren am meisten beeinflusst und beeindruckt hat. Er war ein echter Organisations- und Beschaffungsexperte – das wurde mir aber erst später bewusst.“

Zur besseren zeitlichen Einordnung: Wir befinden uns hier in den späten 80-er Jahren in der DDR. In der allgemeinen Mangellage war ein großer Erfindergeist und ein hohes Improvisationstalent gefragt. Ein großer Teil des Alltags bestand im Prinzip daraus. Es ist bewundernswert, dass es uns Kindern eigentlich an nichts gefehlt hat.

Mich hat das offenbar intensiv geprägt und zurückblickend meinen Weg stark beeinflusst: Angefangen bei meinem technisch angehauchten Studium mit Schwerpunkt Produktionswirtschaft über den ersten Job in der Produktionsoptimierung eines Automobilzulieferers bis hin in den Einkauf.

Zuhause hat mein Vater übrigens immer ‚das Kommando‘ an meine Mutter abgegeben, was damals auch noch nicht der Standard war.

apadua: Was unternimmst Du ganz konkret, um die Zusammenarbeit mit den Bedarfsträgern, Deinen internen Kunden, zu unterstützen?

Peter Hagenow: Ich habe meine Einkaufsteams bisher immer so aufgestellt, dass wir von Anfang an nicht als Bittsteller agieren – Stichwort ‚seat at the table‘ – sondern als Problemlöser. Das hat zur Folge, dass unter Umständen das eine oder andere operative Problem á la „wie leg` ich denn so eine BANF an?“ von einem strategischen Einkäufer gelöst wird, schafft aber zugleich Vertrauen auf der Gegenseite. Mit der Zeit werden die Themen immer größer und strategischer. Und so entsteht ganz nebenbei eine partnerschaftliche Zusammenarbeit, in der insbesondere der Mehrwert des Einkäufers erkannt wird.

„Mein Ansatz war es immer, zunächst die großen Fische einzufangen und dann immer feinkörniger die Themen unter Kontrolle zu bringen. Das hinterlässt Eindruck.“

Wie bei so vielem hat natürlich auch eine partnerschaftliche Zusammenarbeit ihre Grenzen und mitunter muss auch mal Klartext gesprochen werden. Vor allem wenn offensichtlich gegen Einkaufsrichtlinien verstoßen wird, wenngleich dies manchmal aus Unwissenheit über mögliche Folgen und Konsequenzen geschieht.

Mein Ansatz war es immer, zunächst die großen Fische einzufangen und dann immer feinkörniger die Themen unter Kontrolle zu bringen. Das hinterlässt Eindruck. Aufpassen muss man dann nur, dass die anfängliche operative Unterstützung über die Zeit auch wieder abgebaut wird. Das geht gut mit modernen, einfachen Beschaffungslösungen z.B. über Kataloge und Portale, die dann auch gleich die operativen Themen automatisierbar machen.

apadua: Was unterscheidet aus Deiner Sicht den Einkauf von Professional Services von anderen Warengruppen des Indirekten Einkaufs?

Peter Hagenow: Der Einkauf von Beratungsleistungen basiert noch viel mehr auf persönlichen Beziehungen als die bloße Beschaffung von Verbrauchsmaterialien oder anderen Dienstleistungen. Jeder bringt seine ‚eigenen‘ Berater mit ins Haus. Damit geht eine der größten Herausforderungen im Einkauf von Professional Services einher; nämlich die Arbeitsleistung objektiv zu bewerten. Entsprechend schwer fällt es, die Auswahlkriterien zu definieren und zu beurteilen.

„Jeder bringt seine „eigenen“ Berater mit ins Haus. Eine objektive Bewertung der Arbeitsleistung fällt oft schwer.“

Zudem haben nach meiner Erfahrung viele Unternehmen damit zu kämpfen, das ‚Lastenheft‘ für Dienstleistungen zu definieren, was mitunter an schlecht dokumentierten Prozessen liegt. Hier gibt es noch einige Hürden zu überwinden. Ich vergleiche das gerne mit einer Alpenüberquerung: nur wenn die Route und das Ziel von vorneherein klar definiert sind, die einzelnen Stationen vorab geprüft wurden und auch ausreichend Puffer für unvorhergesehene Zwischenfälle einkalkuliert wurde, gelingt das Vorhaben.

apadua: Mit welchen drei Begriffen würdest du die Zukunft des Einkaufs von Professional Services beschreiben?

Peter Hagenow: Ich sehe den Einkauf immer als die Anti-Bias-Funktion, also den neutralen Teil im Unternehmen, der mehr oder weniger rein sachlich die Einkaufsentscheidung bewerten kann und zur objektiven Kaufentscheidung beträgt.

„Die Werkzeuge und Daten sind da, wir müssen sie nur nutzen.“

Der Einkäufer wird mehr und mehr zur Firewall zwischen Unternehmen und Anbieterseite – wo wir im Übrigen wieder bei Old Shatterhand wären – und schützt das Unternehmen und die Mitarbeiter vor Risiken, Fehlentscheidungen aus falschen Beweggründen und compliance-relevanten Themen.

Außerdem wird sich die Transparenz und Digitalisierung bei der Beschaffung erhöhen. Die Werkzeuge und Daten sind da, wir müssen sie nur nutzen.

apadua: Das letzte Wort gehört dir: was Du uns schon immer einmal sagen wolltest, …

Peter Hagenow: Ich plädiere wie etliche meiner Kollegen für den Einkaufsvorstand in Unternehmen, also nicht einen Vorstand, der das Thema quasi als Hobby mitverantwortet, sondern ein echter CPO der neben CFO, CEO und den anderen C-Levels mit am Tisch sitzt.

„Keine andere Abteilung sitzt auf einem größeren Datenschatz und kann die Rentabilität eines Unternehmens, aber auch seinen Nachhaltigkeitsfußabdruck und andere Aspekte, so stark beeinflussen als eine gut aufgestellte Einkaufsorganisation.

Die Bedeutung des Einkaufs als Querschnittsfunktion, die oft jeden Winkel des Unternehmens kennt, konnten wir in letzter Zeit wieder und wieder beweisen. Keine andere Abteilung sitzt auf einem größeren Datenschatz und kann die Rentabilität eines Unternehmens, aber auch seinen Nachhaltigkeitsfußabdruck und andere Aspekte, so stark beeinflussen als eine gut aufgestellte Einkaufsorganisation.

Und – da bin ich jedoch auch nicht der Ideengeber – es gehören vielleicht sogar (noch) mehr ehemalige Einkäufer auf den Posten des CEO, aus den vorgenannten Gründen.

Zur Person:

Peter Hagenow ist Wirtschaftsingenieur und begann seine Laufbahn vor knapp 20 Jahren in der Optimierung der Produktion eines schwedischen Automobilzulieferers und dessen Zuliefernetzwerks. Seitdem war er in verschiedenen Industriebereichen mit dem Aufbau und der Umstrukturierung von Produktions- und Einkaufsabteilungen befasst. Vor seiner aktuellen Position war Peter Geschäftsführer eines Großhandelsunternehmens, das sich auf die weltweite Materialversorgung von Sanierungs- und Baumaßnahmen von Immobilienunternehmen spezialisiert hat.


Aktuell baut er mit seinen Teams bei der KWS Saat Gruppe den globalen Zentraleinkauf auf. Der Schwerpunkt liegt neben der Etablierung zeitgemäßer Prozesse auf der Digitalisierung dieser und auf der Nutzung aller Wertschöpfungspotentiale moderner Einkauforganisationen.

Über KWS:

KWS* ist eines der führenden Pflanzenzüchtungsunternehmen weltweit. Etwa 6.000 Mitarbeiter in 70 Ländern erwirtschafteten im Geschäftsjahr 2020/2021 einen Umsatz von rund 1,3 Mrd. Euro. Seit 165 Jahren wird KWS als familiengeprägtes Unternehmen eigenständig und unabhängig geführt. Schwerpunkte sind die Pflanzenzüchtung und die Produktion sowie der Verkauf von Mais-, Zuckerrüben-, Getreide-, Gemüse-, Raps- und Sonnenblumensaatgut. KWS setzt modernste Methoden der Pflanzenzüchtung ein, um die Erträge der Landwirte zu steigern sowie die Widerstandskraft von Pflanzen gegen Krankheiten, Schädlinge und abiotischen Stress weiter zu verbessern. Um dieses Ziel zu realisieren, investierte das Unternehmen im vergangenen Geschäftsjahr mehr als 250 Mio. Euro in Forschung und Entwicklung.

* Alle Angaben ohne die Anteile der at equity bilanzierten Gesellschaften AGRELIANT GENETICS LLC., AGRELIANT GENETICS INC. und KENFENG – KWS SEEDS CO., LTD.

Weitere Informationen: www.kws.de