EinkaufInterviewsNewsProfessional ServicesGao Kwintmeyer, Chief Procurement Officer bei Ottobock, im Gespräch mit apadua
Gao Kwintmeyer über den Facettenreichtum im Einkauf

Auf die Frage, wie er sich selbst beschreiben würde, antwortet Gao Kwintmeyer: „Ich bin ein sehr ‚deutscher‘ Asiate“, und schmunzelt dabei. Geboren in Bangkok, Thailand, ist er als Kleinkind ins damalige Westberlin gezogen und dort auch aufgewachsen. Die deutschen und asiatischen Wurzeln verbinden sich nicht nur in seinem Namen, sondern vor allem auch in seinem Gemüt. Insofern spielt neben dem Verhandlungsgeschick auch das Beziehungsmanagement eine zentrale Rolle für ihn.

Obwohl sich Gao Kwintmeyer nicht gerne ins Rampenlicht drängt, ist er ein gern gesehener Gast auf den Bühnen nationaler und internationaler Fachkongresse. Schließlich blickt er inzwischen auf mehr als 25 Jahre Einkaufs- und SCM-Erfahrung zurück; 19 Jahre davon in Führungspositionen im In- und Ausland. Ein Manager, der sich gerne mit Themen außerhalb des Tellerrands befasst. Getreu dem Motto: Bodenständigkeit bewahren und dabei stets vorausdenken.

Nach Stationen bei der Siemens AG und in der Automobilzulieferindustrie wechselte der Einkaufs- und Verhandlungsexperte 2019 zum Medizintechnikunternehmen Ottobock. Dort verantwortet er als Chief Procurement Officer das Category Management für Directs und Indirects inklusive der Einkäufe für die firmeneigenen Sanitätshäuser (Patient Care Betriebe). Ergänzend hierzu legt Gao Kwintmeyer sein besonderes Augenmerk auf die Nachwuchsförderung in Form eines konzerneigenen Coachings für Einkäufer.

Warum es in der aktuellen Zeit wichtiger denn je ist, mit gezielten Übungen die Resilienz im Arbeitsumfeld zu fördern, wodurch sich erfolgreiche strategische Einkäufer auszeichnen und welche Themen den Indirekten Einkauf der Zukunft bestimmen werden, schildert Gao Kwintmeyer, der sich leidenschaftlich gerne mit Themen rund um Persönlichkeitsentwicklung beschäftigt, im Interview.

apadua: Ahoi, Herr Kwintmeyer und herzlich Willkommen bei „Butter bei die Fische“. Bevor wir in See stechen, lassen Sie uns gemeinsam einen Blick zurückwerfen: Was war Ihr Berufswunsch als Kind?

Gao Kwintmeyer: Als Kind wollte ich Pilot oder Tierarzt werden. Pilot fand ich immer spannend: Die Welt kennenlernen und früh in Rente gehen (lacht). Aber auch Tierarzt hätte mich gereizt, da ich insbesondere Hunde mag. Wie man sieht, ist aus beidem nichts geworden.

Der Einkauf bietet so viele Themenfelder und Aufgaben, die man entdecken kann, wenn man sich denn auf dieses Abenteuer einlassen möchte.“

Letztlich bin ich quasi im Einkauf ‚hängen geblieben‘, da es einfach so viele Dinge und Themenfelder gibt, die man entdecken kann; wenn man sich denn auf dieses Abenteuer einlassen möchte.

apadua: Was fasziniert Sie besonders am Tätigkeitsfeld „Einkauf“ und vor allem an Ihrer Rolle als CPO?

Gao Kwintmeyer: Mich hat schon immer die Komplexität und Vielfalt im Einkauf fasziniert. Gerade in produzierenden Unternehmen hat der Einkauf viele Schnittstellen: Von Fertigung, Entwicklung, Qualität, SCM, HR, Marketing und Strategie bis hin zu den eigentlichen Bereichen des strategischen Einkaufs, wo es vor allem um Kommunikations- und Verhandlungsgeschick, ein gewisses Rechtsverständnis sowie Grundkenntnisse im Finanzbereich geht.

„Als CPO liegt es an mir, gemeinsam mit meinem globalen Team den bestmöglichen Beitrag zum Unternehmenserfolg zu leisten.“

Zudem haben diverse Geschäftsbereiche wiederum eigene ‚Spielregeln‘ und Herausforderungen; sei es im direkten oder indirekten Material. Und als CPO liegt es dann an mir, den bestmöglichen Beitrag zum Unternehmenserfolg gemeinsam mit einem globalen Team zu leisten.

apadua: Welche Fähigkeiten sind im Einkauf besonders relevant, gar unerlässlich?

Gao Kwintmeyer: Der Einkauf ist sehr facettenreich und beherbergt viele Rollen. Wenn wir von einem klassischen strategischen Einkäufer ausgehen, kommt es meines Erachtens vor allem auf Kommunikationsstärke gepaart mit Menschenkenntnis und dem Managen zwischenmenschlicher Beziehungen an.

Denn wir im Einkauf sind oftmals in Bereichen tätig, wo es eben nicht oder nur schwer möglich ist, die Kommunikation über Bots zu steuern und Ausschreibungen per elektronischer Auktion zu vergeben.

„Im strategischen Einkauf kommt es vor allem auf Kommunikationsstärke gepaart mit Menschenkenntnis und dem Managen zwischenmenschlicher Beziehungen an.“

Insofern bildet das Beziehungsmanagement, insbesondere auf internationaler Ebene, den besonderen Reiz und zugleich die größte Herausforderung im Einkauf.

apadua: Mit welchen drei Begriffen würden Sie den Indirekten Einkauf der Zukunft beschreiben?

Gao Kwintmeyer: Auch der indirekte Bereich hat bei Ottobock enorm viele Facetten. Um sich hier erfolgreich weiterzuentwickeln, ist nicht nur das professionelle Geschäftspartnermanagement relevant. Vielmehr gewinnt auch das interne Stakeholdermanagement immer mehr an Bedeutung.

Und genau das ist für mich ein zentrales Element: partnerschaftliches Stakeholdermanagement.

„Partnerschaftliches Stakeholdermanagement, umfassende Datentransparenz und professionelle Kommunikation sind für mich die wichtigsten Pfeiler einer erfolgreichen Einkaufsorganisation. Jetzt und auch in der Zukunft.“

Der nächste Punkt ist die umfassende Datentransparenz. Wo wird wofür wieviel Geld ausgegeben? Welche Dinge kann man gleich als nicht beeinflussbar abhaken und wo setze ich zuerst an? Diese Fragen datenbasiert und ohne großen (Recherche-)Aufwand beantworten zu können, ist enorm wichtig, um schnell und flexibel agieren zu können.

Und da es sich noch immer um eine strategische Einkaufsfunktion handelt, ist für mich die professionelle Kommunikation – auch auf digitaler Ebene – besonders wichtig.

apadua: Das letzte Wort gehört dir: was Sie uns schon immer einmal sagen wollten, …

Gao Kwintmeyer: Achten Sie gerade in diesen Zeiten auf Ihre ‚geistige Hygiene‘. Neben der Körperhygiene ist die psychische Resilienz enorm wichtig. Also sorgen Sie gut für Ihr Gleichgewicht – und damit meine ich nicht Work-Life-Balance. Zu diesem Thema tausche ich mich auch gerne mit interessierten Einkäufer:innen aus.

„Sorgen Sie gut für Ihr Gleichgewicht – und damit ich nicht Work-Life-Balance.

Zur Person:

Gao Kwintmeyer ist Chief Procurement Officer der Ottobock SE & Co. KGaA. In dieser Funktion verantwortet er neben dem Category Management für den direkten und indirekten Einkauf auch den Projekteinkauf, die Einkäufe für die firmeneigenen Sanitätshäuser sowie die Lieferantenentwicklung innerhalb des Konzerns.

Er ist seit über 25 Jahren in Einkaufs- und SCM-Funktionen tätig und hat in verschiedenen Industrien und Standorten im In- und Ausland die Entwicklung der Einkaufsfunktion mitgestaltet. In seiner Freizeit bereist er gerne gemeinsam mit seiner Familie den asiatischen Kontinent.

Über Ottobock:

Tech, digital, human – Ottobock verbindet innovative Produkte und individuelle Versorgung zu einem ganzheitlichen Ansatz. Dabei setzt das Medizintechnikunternehmen immer wieder neue Standards in der Prothetik und Orthetik. Zu dem Portfolio zählen mikroprozessorgesteuerte Beinprothesen, mechatronische Lähmungsorthesen, Rollstühle und Exoskelette. Letztere entlasten Menschen mit körperlich anspruchsvollen Tätigkeiten und gestalten Arbeitsplätze in Industrie, Logistik und Handwerk ergonomischer.

Mehr als 240 eigene Versorgungszentren weltweit sorgen für eine enge Beziehung zu den AnwenderInnen und liefern wertvolle Impulse für die Verbesserung bestehender und die Entwicklung neuer Lösungen. Mit der Digitalisierung des Versorgungsprozesses erhöht das Unternehmen die Effizienz und den Komfort von Behandlungen – auch für externe Orthopädietechnikbetriebe und Sanitätshäuser.

Das Unternehmen verzeichnet seit Jahren einen stabilen Wachstumskurs: 2019 übersprang der Umsatz erstmals die Marke von einer Milliarde Euro. Dazu tragen mehr als 8.000 MitarbeiterInnen weltweit bei. Die internationalen Aktivitäten werden in der Zentrale in Duderstadt koordiniert. Mit einem globalen Netzwerk aus Forschungs-, Produktions- und Logistikstandorten sowie Vertriebs- und Servicegesellschaften in mehr als 50 Ländern verbindet Ottobock gelebte Internationalität mit lokaler Präsenz vor Ort.

Weitere Informationen: www.ottobock.com